Patry Francis: Die Schatten von Race Point

Familie, Freundschaft, Liebe

Zugegeben, Die Schatten von Race Point sind literarisch nicht der Höhepunkt des mare-Verlagsprogramms. Da mich dieser Roman aber über knapp 600 Seiten so gut unterhalten hat, möchte ich ihn trotzdem unbedingt allen empfehlen, die einen spannenden, gut gemachten, emotionalen, flüssig geschriebenen und leicht lesbaren Unterhaltungsroman, einen richtigen Schmöker, suchen, der nebenbei ein ganz kleines bisschen kitschig ist.

Erzählt wird die Geschichte von drei Freunden über gut 30 Jahre. Hallie, Gus und Neil wachsen zusammen in dem schillernden Städtchen Provincetown an der Spitze von Cape Cod auf. Hallies verwitweter Vater, eine der beeindruckendsten Persönlichkeiten des Romans, ist Arzt in Provincetown und wird von seiner Tochter und seinen Patienten gleichermaßen verehrt und geliebt.

Der Roman beginnt 1978 mit der Ermordung von Gus’ Mutter durch seinen gewalttätigen Vater. Der neunjährige Gus, schwer traumatisiert und von Selbstvorwürfen gequält, verstummt, und auch dem charismatischen Arzt gelingt es nur vorübergehend, ihn aus seinem Schweigen zu reißen. Dieses Wunder schafft schließlich Hallie, die ihn durch beharrliche Besuche und dem Vorlesen aus David Copperfield ins Leben zurückzuholen.

In den folgenden Jahren entwickelt sich der gutaussehende Gus immer mehr zum Mädchenschwarm, doch letztlich ist es Hallie, die seine große Liebe wird. Die Weichen für die Zeit nach dem Schulabschluss sind gestellt, als es bei der Abschlussfeier zur großen Katastrophe zwischen den Freunden Gus und Neil kommt, die das Leben aller drei komplett und für immer verändert.

Die ersten 400 Seiten werden von einem auktorialen Erzähler abwechseln über Hallie und Gus erzählt, später kommt eine Ich-Erzählerin dazu. Dadurch lernt man als Leser verschiedene Perspektiven kennen, die den Roman äußerst lebendig machen.

Ein bisschen Dornenvögel (durch Gus’ Entschluss, Priester zu werden), ein bisschen Vom Winde verweht (wenn Hallie sich immer wieder Kraft in ihrem Elternhaus holt),  aber auch ganz viele überraschende Wendungen sind die Zutaten zu diesem Pageturner. Besonders gut gefallen haben mir auch die wunderbaren Naturbeschreibungen und die Schilderungen des Lebens in Provincetown, das man als Tourist so ganz anders erlebt.

Zuletzt war ich traurig, dass das Buch nach 600 Seiten schon ausgelesen war. Aber ich bin zuversichtlich, dass es irgendwann einen Film oder eine Serie dazu geben wird, denn dafür wäre der Stoff wie gemacht.

Und ob das Ende im Jahre 2011 ein Happy End ist oder nicht, muss jeder selber für sich  entscheiden…

Patry Francis: Die Schatten von Race Point. mare 2015
www.mare.de

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